Seit einer Woche bin ich wieder auf meiner Lieblingsinsel.

Mein Mann war schon drei Wochen früher mit Cali und einem Hänger gefahren, hat das Haus von hinten verputzt, das Treppengelände befestigt und noch so ein paar Kleinigkeiten erledigt. Eigentlich hatten wir geplant zusammen zu fahren. Aber besondere Umstände haben dazu geführt, dass ich noch bleiben wollte. Unsere Tochter hat sich ihren Wunsch erfüllt, den sie vor der Pandemie hatte. Sie wollte unbedingt nach dem Abi ins Ausland. 2020/2021. Der Wunsch und vieles mehr ist der Pandemie zum Opfer gefallen. Aber jetzt steht eigentlich nichts mehr im Weg. Und so habe ich sie am 22.4. zum Flughafen nach Frankfurt gebracht und werde sie erst in einem Jahr wieder abholen.

Am 25.4. ging dann mein Flieger. Ich bin das erste Mal mit Hund geflogen. Aimi hat alles wunderbar gemacht und es hätte nicht mehr viel gefehlt und die Besatzung und Passagiere hätten ihr applaudiert.

Jetzt gewöhnen wir uns gemeinsam an das Leben hier auf Sardinien. Absolutes Kontrastprogramm.

Jedes Jahr, wenn ich wieder auf der Insel bin stelle ich fest, dass ich vergesse, wie schön es hier ist. Und dabei meine ich gar nicht nur das Meer, die Sonnentergänge, die immergrüne Macchia, die Felsen und die bunten Häuser von Bosa. Denn wenn du genau hinschaust, dann ist hier alles ziemlich runtergekommen. Es gibt hier keine deutsche Ordnung und Sauberkeit auf den Straßen. Es gibt nicht so viel Verlässlichkeit und Struktur. Wenig Pünktlichkeit und einiges an Willkür. Und ich frage mich, was mich an dieser Insel so fasziniert.

Vielleicht ist es genau das. Als Deutsche mal fünf gerade sein lassen. Mal nicht pünktlich um 9:00 Uhr am Rechner sitzen, mal eine Mail später beantworten, weil das Internet gerade nicht funktioniert. Wenn es hier eins nicht gibt, dann ist es Hetze und Stress. Hier ist einfach Ruhe. Um mich herum und in mir drin. Was nicht heißt, dass wir nur chillen. Gerade im Frühling sind wir immer viel im Haus am arbeiten.

Meinem Mann fiel vorgestern plötzlich ein, dass er mal eben den Putz der halben Wand im Flur runter klopfen will. Weil sich da aufgrund der Feuchtigkeit ständig die Farbe löst. Handschuhe an, Schutt rausgebracht, meine Art von Krafttraining an so einem Tag. Für das Wohnzimmer hatte er eine ganze Palette Bruchsteine gekauft. Die mussten ins Haus. Zwei Stunden Krafttraining. Und an anderen Tagen sitzen wir uns spielen Karten. Ich lese und stricke.

Hier wird improvisiert, hier haben wir nur 6 Tassen im Schrank und wenig Tupper und Co. Wenig ist hier mehr.

Vielleicht ist es das, was mich hier fasziniert. Dieses einfache Leben.

hm